Tag 180

Das ist das Corpus Delicti. Das Foto vom „schludrigen“ Stuck. Haben da die Restauratoren geschlampt? Dieser Verdacht schleicht sich sogleich an. Überfällt einen hinterrücks. Sherlock Holmes will es aber genau wissen. Die Chefin der Restaurator*innen, Frau Tinzl-Fricke, war die nicht mitten unter der Festgemeinde beim Gottesdienst? Sherlock heftete sich sogleich an ihre Fersen und unterzog sie einem Verhör. Frau Tinzl-Fricke, keine Spur nervös. Im Gegenteil. Sehr zuvorkommend, sehr auskunftsfreudig. Sie löste das Rätsel im Nu. Und das geht so:
Der marmorne Altar der nördlichen Seitenkapelle stand ursprünglich in der südlichen Kapelle. Christoph Weiß, seines Zeichens Schlossbesitzer von Würting, baute sich diese Kapelle als seine Gruftkapelle aus. Als Grabdenkmal ließ er einen mächtigen, marmornen „Altar“ errichten mit seiner Porträtbüste in der Mitte. Entweder haben die Stukkateure an der Rückwand des Altars den Stuck nicht so schön ausgeführt (oder ausführen können). Oder der Stuck wurde beim Aufstellen des Altars beschädigt. Je nachdem, was zuerst da gewesen ist.
Egal, wie es sich wirklich zugetragen hat. Das Vorgehen beim Restaurieren ist heutzutage so:
Aus Achtung vor der Geschichte werden solche Schäden oder „Fehlstellen“ nicht korrigiert, nicht vertuscht, nicht vervollständigt. Man lässt sie als Zeitdokument stehen.
Fall gelöst. Sherlock Holmes packt zusammen und fährt nach Hause. Zufrieden. Mit bunten Bildern im Kopf. Von der stimmigen, schönen Feier der Eröffnung der renovierten Kirche. Und ganz leicht beschwingt. Doch ein Gläschen zu viel bei der Agape? Aber nicht doch! Trunken vor Freude und Glückseligkeit, dass das große Werk „Renovierung“ gelungen ist.